Profilansicht von zwei Frauen. Die hintere Frau fasst der vorderen Frau an die Schulter. Beide Frauen tragen Wollmützen.

BIS 2030 – Bundesstrategie zur Eindämmung von HIV

Das Fast Track City Netzwerk Berlin orientiert sich an der nationalen BIS 2030-Strategie der Bundesregierung zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C sowie anderer sexuell übertragbarer Infektionen.

Was ist BIS 2030?

Die im April 2016 beschlossene Strategie steht für „Bedarfsorientiert – Integriert – Sektorübergreifend“ und integriert HIV, Hepatitis B und C sowie weitere sexuell übertragbare Infektionen, deren Übertragungswege und -risiken teilweise sehr ähnlich sind.

Kernziele der BIS 2030-Strategie

  • Senkung der Neuinfektionen mit HIV, Hepatitis B und C sowie anderen STI
  • Stabiler Wissenstand in der Bevölkerung über Übertragungswege und Schutzmöglichkeiten
  • Verbesserung der Präventions-, Test- und Versorgungsangebote
  • Stärkere Vernetzung aller Akteur:innen
  • Bedarfsorientierte Angebote für besonders betroffene Gruppen
  • Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung

Koordinierung und Umsetzung

Die Strategie wird vom Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsam umgesetzt. Ein Koordinierungsgremium mit Vertreter:innen der Länder, Verbände, Institutionen und Selbsthilfe begleitet die Umsetzung.

Berlins Beitrag zur BIS 2030

Als Fast-Track-City setzt Berlin die Ziele der Bundesstrategie auf lokaler Ebene um und ergänzt sie durch stadtspezifische Maßnahmen.

Halbzeit-Evaluation

Im Jahr 2023 erreichte die BIS 2030-Strategie ihren Halbzeitstand. Eine Überprüfung durch das European Centre for Disease Control and Prevention (ECDC) im Mai 2024 bewertete den Stand der Umsetzung. Die Ergebnisse zeigen Erfolge bei der HIV-Behandlung, aber auch Herausforderungen bei der Prävention und dem Erreichen vulnerabler Gruppen.

Synergien mit Fast Track Cities

Die BIS 2030-Strategie und die Fast-Track-Cities-Initiative ergänzen sich ideal: Während BIS 2030 den nationalen Rahmen setzt, bieten Fast Track Cities die lokale Plattform für Innovation, Community-Beteiligung und schnelle Umsetzung evidenzbasierter Maßnahmen.

Globale Herausforderungen: 
Auswirkungen der US-Entwicklungspolitik

Eine globale Regression bedroht Jahrzehnte des Fortschritts

Die internationale HIV-Bekämpfung steht vor einer beispiellosen Krise. Seit Januar 2025 hat die Trump-Regierung drastische Kürzungen der US-Entwicklungshilfe vorgenommen, die massive globale Auswirkungen auf die HIV-Prävention und -Behandlung haben.

Was ist passiert?

Die US-Regierung hat die Finanzierung des President’s Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) massiv gekürzt und die US Agency for International Development (USAID) weitgehend aufgelöst. PEPFAR war das weltweit größte bilaterale HIV-Programm und wird für die Rettung von über 26 Millionen Leben in den vergangenen zwei Jahrzehnten und die Verhinderung von Millionen HIV-Infektionen verantwortlich gemacht, insbesondere in asiatischen und afrikanischen Hochprävalenzländern.

Konkrete Auswirkungen weltweit

UNAIDS dokumentiert weltweit Medikamentenengpässe, Personalkürzungen in HIV-Kliniken, eingestellte Community-Angebote und steigende Stigmatisierung, Diskriminierung und Mortalitätsraten. In Uganda, den Philippinen und Tansania wurden massive Störungen der HIV-Programme gemeldet.
Menschen mit HIV rationieren ihre antiretroviralen Medikamente oder lassen Dosen aus, was zur Entwicklung medikamentenresistenter HIV-Stämme führen kann. Community-basierte Organisationen, die besonders vulnerable Gruppen erreichen – Sexarbeiter:innen, drogengebrauchende Menschen, Männer, die Sex mit Männern haben, und trans* Personen – wurden als erste geschlossen.

Dramatische Prognosen:

Laut dem UN-Bericht 2025 Global AIDS Update könnten die US-Kürzungen bis 2029 zu sechs Millionen zusätzlichen HIV-Infektionen und vier Millionen weiteren AIDS-bedingten Todesfällen führen. Wenn die Entwicklungshilfe nicht vor Ende 2025 wiederhergestellt wird, könnten mehr als 176.000 zusätzliche Erwachsene und Kinder weltweit an HIV sterben.

UNAIDS-Direktorin Winnie Byanyima warnte vor einem zehnfachen Anstieg der AIDS-bedingten Todesfälle gegenüber den 600.000 im Jahr 2023 und prognostizierte: „Wir werden erleben, wie Menschen sterben, wie wir es in den 90ern und 2000ern gesehen haben.“[1]

Strategische Neuausrichtung mit fatalen Lücken

Die neue US-Strategie priorisiert die Prävention der Mutter-Kind-Übertragung und begrenzt den Zugang zu HIV-Medikamenten explizit auf schwangere und stillende Frauen. Dies exkludiert die Mehrheit der HIV-gefährdeten Menschen. Etwa 55% der weltweiten Neuinfektionen betreffen sogenannte „Schlüsselgruppen“ – Sexarbeiter:innen, drogengebrauchende Menschen, Männer die Sex mit Männern haben, trans* Personen und Gefängnisinsassen.

Eine KFF-Analyse (Kaiser Family Foundation) ergab, dass von 379 USAID-Projekten mit HIV-Aktivitäten 71% beendet wurden[2], darunter mehrere HIV-Behandlungsprojekte und die meisten Präventionsprogramme.

Können die 2030-Ziele noch erreicht werden?

Die drastischen Kürzungen der US-Finanzierung stellen die Erreichbarkeit der globalen 2030-Ziele fundamental in Frage. Im Dezember 2024 waren viele Länder in Subsahara-Afrika auf dem Weg, die Meilensteine zu erreichen, die mit der Beendigung von HIV als öffentlicher Gesundheitsbedrohung bis 2030 verbunden sind. Diese Fortschritte sind nun massiv bedroht.

Die USA waren der größte Geber humanitärer Hilfe weltweit. Der plötzliche Rückzug des größten Beitragszahlers zur globalen HIV-Bekämpfung hat Behandlungs- und Präventionsprogramme weltweit gestört. Während andere Länder versuchen, Lücken zu füllen, ist der Umfang der benötigten Mittel immens.

Auswirkungen auf Deutschland und Berlin:

Obwohl Deutschland nicht direkt von US-Kürzungen betroffen ist, hat die globale HIV-Epidemie keine Grenzen. In einer globalisierten Welt bleiben Krankheiten und ihre sozialen und ökonomischen Auswirkungen nicht innerhalb nationaler Grenzen. Erhöhte Raten unbehandelter HIV-Infektionen überall auf der Welt erhöhen das Übertragungsrisiko auch für Menschen in Deutschland.

Solidarität in der Krise

Die globale HIV-Community muss jetzt zusammenstehen. Das Fast-Track-City-Netzwerk Berlin:

  • Bekräftigt seine Solidarität mit Menschen mit HIV weltweit
  • Unterstützt internationale Advocacy-Bemühungen zur Wiederherstellung der Finanzierung
  • Teilt best practices und Wissen mit betroffenen Regionen
  • Setzt die Arbeit zur Erreichung der Berliner 2030-Ziele mit erhöhter Dringlichkeit fort

Ein Weckruf für Europa

Die US-Kürzungen machen deutlich, dass Europa und Deutschland ihre eigenen Beiträge zur globalen HIV-Bekämpfung ausbauen müssen. Die BIS 2030-Strategie beinhaltet internationale Komponenten, und Deutschland kann als wohlhabendes Land mit exzellenter medizinischer Infrastruktur eine größere Rolle übernehmen.

Hoffnung trotz Rückschlägen

Trotz dieser immensen Herausforderungen geben wir nicht auf. Die wissenschaftlichen Werkzeuge zur Beendigung von HIV existieren: wirksame Behandlungen, PrEP, Testmethoden und Community-basierte Ansätze. Was fehlt, ist politischer Wille und ausreichende Finanzierung.

Das Fast-Track-City-Netzwerk Berlin arbeitet weiter daran, Berlin zu einer Stadt ohne neue HIV-Infektionen, ohne AIDS-bedingte Todesfälle und ohne Diskriminierung zu machen – und setzt damit ein Zeichen der Hoffnung in einer Zeit globaler Regression.

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